Jesús Carmona gab am Dienstag eine „Masterclass“ auf der Bühne des Villamarta in Jerez. Nicht nur im Flamenco, auch in Danza española und Escuela Bolera und alles, was es sonst noch gibt. Er wagt alles und gewinnt immer. Abgesehen von seinem Talent merkt man auch seine jahrelange Ausbildung im klassischen Tanz, seine Körperbeherrschung ist unglaublich, aber ohne jede Starrheit, seine Bewegungen elegant und seine Drehungen einzigartig.

Wenn er nach seinen Pirouetten – bei elf habe ich aufgehört zu zählen – punktgenau mit den Palmeros stoppt fragten wir uns kopfschüttelnd, wie das eigentlich möglich ist. Dabei strahlt er eine Fröhlichkeit und eine Leichtigkeit aus, dass schon nach dem ersten Tanz begeisterter Beifall aufbrandete.

Er tanzt die Guajira, ein Stil der in den letzten Jahren ausschließlich den Damen vorbehalten war, und gibt ihr eine männliche Note, die Tiranilla, einen alten Stil aus dem XIII Jahrhundert, barfuss auf einem Stück Rasen und mit Kastagnetten und auch ihnen gibt er einen ganz besonderen Klang, als wären sie aus Kristall.

©Javier Fergo para Festival de Jerez
©Javier Fergo para Festival de Jerez

Zur Überraschung des Publikums im Saal holte er 17 Menschen auf die Bühne, die das Stück aus einer völlig anderen Perspektive betrachten konnten und noch dazu nach einem Drittel einen Tanz aussuchen konnten. Sie wählten eine Serrana, die Jesús mit seinen Musikern improvisierte, obwohl es natürlich in keinem Moment so aussah.

Auf Grund von lauten Zurufen aus dem Publikum entschied er sich bei der zweiten Improvisation für die „Caña“, die er ganz vorne am Bühnenrand tanzte, als ginge es um sein Leben und genau da passierte das, was einem Bailaor in manchen langen Nächten als Alptraum erscheinen mag: der Absatz des linken Schuhs segelte durch die Luft und das Theater hielt den Atem an um Sekunden später in ohrenbetäubende Ovationen auszubrechen, denn da zeigte sich das wahre Können dieses Ausnahmetänzers: er tanzte weiter, und wie er tanzte! Wenn man um die Bedeutung des Stöckels im Flamencotanz weiß, dann kann man erahnen, was das bedeutet.

©Javier Fergo para Festival de Jerez
©Javier Fergo para Festival de Jerez

Musikalisch begleitet wurde er an der Gitarre von Juan Requena, wie immer perfekt und von Jesús Corbacho, Jonathan Reyes und Juan José Amador am Gesang, eine Kombination, die sich mir nicht ganz erschloss, aber bitte. Auch das Stück hatte vom Aufbau einige Schwächen, aber man ging nachhause, mit dem Gefühl, einen der besten Tänzer des Moments gesehen zu haben.

Jesús Carmona: „AMATOR“

Teatro Villamarta, 26.02.2019