Der Frauentag im Flamenco war gestern und nicht wie in der Restwelt am 8. März.

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Begonnen hat Ana Morales im Kutschenmuseum der Königlichen Hofreitschule in Jerez, ein besonderer Schauplatz für ein besonderes Projekt. Während verschiedener Residenzen, bis jetzt London, Jerez und als nächstes im Tanzhaus Düsseldorf entwickelt Ana Morales ein den jeweiligen Standorten angepasstes Programm, das am Ende bei einem Auftritt bei der Bienal de Sevilla zusammengefügt und seinen Höhepunkt finden wird. Schon spannend, wie sich immer mehr Möglichkeiten für die Künstler/innen finden, ein Programm zu entwickeln. Das Stück von gestern hieß Requiem und war ihrem Vater gewidmet, der ihr als Aficionado die ersten Einblicke in die Flamencowelt vermittelte. Sehr schön war das Duett mit José Manuel Álvarez aus Barcelona, ein kurzer Pas de deux, der dennoch eine ganze Geschichte erzählte, wunderbar getanzt und auch interpretiert, eine Gabe, die im Flamenco immer mehr gefordert wird, und Ana Morales schafft es immer wieder tanzend Gefühle zu vermitteln, ohne pathetisch zu sein. In Düsseldorf wird Michio sie begleiten, wir dürfen also gespannt sein.

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Rocío Márquez präsentierte mit den Musikern von Proyecto Lorca am frühen Abend ihre neue CD Firmamento in der Bodega de los Apóstoles. Die CD Kritik können sie in der ANDA lesen, was aber faszinierend ist, ist die Kraft, die Rocío Márquez bei ihren Live Auftritten ausstrahlt, wie sie das Publikum einerseits in ihren Bann zieht und andererseits ohne Mühen die Seelen berührt. Als Sängerin ist sie perfekt, gar nicht zu reden von ihren drei Musketieren Daniel Marente am Klavier, Juan Jiménez am Sax und dem sensationellen Antonio Moreno am Schlagwerk und auch sonst überall. Wie man mit so vielen Instrumenten so wenig Lärm und so gute Musik machen kann ist mir schleierhaft. Rocío Márquez ist eine meisterhafte Sängerin, sie kontrolliert ihre Stimme und auch die Lautstärke und sie irrt sich nie, aber das ist es nicht allein. Sie ist wahrhaftig und wer die Texte versteht, weiß, was ich meine, denn die meisten sind von ihr. Auch das noch. Ein wunderbares Konzert, von dem man beschwingt zum Teatro Villamarta ging, denn dort wartete die nächste Meisterin.

Rocío Molina geht es heute so, wie es Israel Galván ging, als noch alles, was er anfasste, zu Gold wurde.

Über Caída del Cielo wurde schon so viel geschrieben, dass mir ein wenig die Worte fehlen, außerdem muss es sowieso jeder Aficionado irgendwann gesehen haben. Rocío Molina erlaubt sich jene Art von Freiheiten, die im Flamenco vor kurzem noch undenkbar waren und außerdem spielt sie tänzerisch in einer eigenen Liga. Ihr Bewegungsreichtum scheint unerschöpflich, ob mit oder ohne Schuhe, in Rock oder Hose und wenn gerade nichts passiert, macht sie dann diese winzige Handbewegung, die die vier gestandenen Männer auf der Bühne in eine völlig neue Richtung lenkt. Und wenn man dann denkt, jetzt nimmt sie gleich die Peitsche, lässt sie sich von Pablo Martín Jones die Füße waschen. Was für ein meisterhafter Moment der Stille in diesem Rausch. Am Ende, als alles im Trubel sich dreht, tanzt sie sich noch ins Publikum und zeigt einem Kritiker, der schon öfter daneben griff, mit einem kleinen Scherz, dass er sich nicht so wichtig nehmen soll und nimmt ihm das Blümchen, das sie ihm vorher schenkte, wieder weg. Was für eine Frau!

Festival de Jerez, 01.03.2018

Fotos: Javier Fergo