Nach dem Geschrei um Rocío Molina, die sich auf der ehrwürdigen Bühne des Teatro Villamarta hüllenlos präsentierte und damit einen Facebook Sturm entfachte, der das Festival ins Wanken brachte, widme ich mich heute den Männern, die im Gegensatz dazu ein entzücktes Lächeln auf den Gesichtern von Publikum und Kritik hervorriefen. Allen voran die fantastischen 4 aus Cádiz mit ihrem „Qué pasaría si pasara.“ David Palomar, Riki Rivera, El Junco und Roberto Jaén fegten 90 Minuten lang über die Bühne als ob es kein Morgen gäbe und das mit einer Spielfreude und einer Virtuosität, die man selten sieht. Als Schauspieler, Tänzer, Sänger und Perkussionisten führten sie Kritiker, Aficionados und sakrosankte Figuren der Szene wie Antonio Mairena vor, aber mit soviel Witz, dass ihnen hoffentlich niemand böse war. Selten habe ich den respektablen Herrn Gamboa neben mir so herzlich lachen gehört, von der allgemeinen Heiterkeit wurden auch jene angesteckt, die nicht spanisch sprechen, denn, das war notwendig um die kleinen Seitenhiebe zu verstehen, was aber auch bedeutet, dass es diesem wunderbaren Stück nicht gelingen wird, den Sprung ins Ausland zu machen. Aber selbst das war am Ende zweitrangig, weil es auch musikalisch einiges bereit hielt. Von der spiritistischen Sitzung in der Palomar in die Haut von Camarón, El Junco in die von Chano Lobato und Roberto Jaén in die von Valderrama schlüpfte bis zum wunderbaren Schlusssong von Riki Rivera. Ein großartiger Abend.

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Einen Sieg errang auch der Bailaor Alfonso Losa mit seinem Auftritt im Villamarta. Losa ist zwar noch jung, aber er gehört trotzdem zu den Veteranen, einer der immer da ist, wo ich auch gerade bin. Noch vor einigen Jahren ermüdete er mit seinen Maschinengewehr ähnlichen Zapateados und Armen, die ihm ob der Heftigkeit immer zu entgleiten schienen und immer war da etwas, was mir zu entgehen schien, sprachen doch Künstler wie Farruquito immer von ihm mit höchster Ehrfurcht. Nun dieses Jahr scheint sich etwas in seinem Leben getan zu haben, denn schon das Bühnenbild strahlte Ruhe aus und es war elegant, funktionell und ästhetisch. Graue Würfel, die unter vielen anderen Funktionen auch als Projektionsfläche für ein Video von Rocio Molina dienten, mit der er sich ein spektakuläres Duell lieferte, sie virtuell, er real, das das Publikum zu zahlreichen Olés verführte, Rocío Molina hätte das sicher gefallen. Aber auch sonst hatte „CON-SECUENCIA“ einen guten Rhythmus, Anfang und Ende schlossen sich zu einem Kreis, aus dem Alfonso Losa diesmal eindeutig als Sieger hervorging.

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Auch Santiago Lara verteidigte wieder kon-sequent seinen Weg, den des glasklaren, wunderbaren Gitarrespiels. Nach seinem Ausflug in die Welt des Jazz mit seinem Tribute to Pat Metheny leistet er sich diesmal einen Blick zurück zu den großen Meistern und interpretierte Stücke von Ramón Montoya, Niño Ricardo, Sabicas und natürlich auch von Paco de Lucía oder Manolo Sanlucar. Der Luxus dabei, warum man das so selten sieht, ist mir schleierhaft, war, dass er die ersten Stücke allein spielte, das heißt ohne Palmeros, andere Instrumente oder Cante. Ein wirklicher Genuss in unserer lärmverseuchten Welt.

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Last but not least noch ein kurzer Blick auf den Rattenfänger Eduardo Guerrero in der Bodega, wie immer ästhetisch, kraftvoll, präzise und mit einer Bühnenpräsenz, die alle gefangen nimmt. Er hat alles unter Kontrolle und erreicht stets den letzten Winkel des Raums, selbst die Türsteher verrenken sich den Hals um noch ein Stückchen von ihm zu sehen. Er hat die Gabe, das ist klar. Vor wenigen Tagen wurde ihm der Publikumspreis überreicht, den er letztes Jahr für sein Meisterwerk „Guerrero“ bekommen hatte und das er beim diesjährigen Festival in Düsseldorf zeigt.

Festival de Jerez, 04.03.2018

Fotos: Javier Fergo