Es gibt fast nichts Schöneres als etwas Neues zu entdecken, wenn man sich über Jahre mit etwas beschäftigt, das man liebt. Gerade ich, die ich über Jahre durch die Flamencowelt reiste, viele Festivals besuchte und versuche immer am letzten Stand zu sein, liebe es überrascht zu werden. Da sitze ich dann wie festgenagelt auf meinem Stuhl und bewege mich nicht, weil eine tiefe Freude in mir hinauf kriecht, von den Zehen bis zu meinen Augen, da bleibt sie dann, weil mein Gehirn vor lauter Entzücken keine Gedanken erlaubt.

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So geschehen letzten Donnerstag im Teatro Flamenco in der Fundación Cristina Heeren in Triana. Pedro Barragán, ein junger Gitarrist aus Barcelona mit Lebensmittelpunkt in Sevilla präsentierte seine neue CD „Chinitas“ in einer Form, die ich eigentlich noch nie erlebt hatte. Was braucht es für ein gutes Gitarrenkonzert? Ein Instrument und einen Musiker, sonst nichts. Aber natürlich nur, wenn der Musiker ein kleines Fünkchen Genie in sich trägt, das immer wieder verschämt aufleuchtet und sich wie ein wärmendes Feuer in die Ohren der Zuschauer/innen stiehlt.

Die Augen geschlossen, den Kopf leicht zurückgelegt beginnt eine Reise durch die verschiedenen Landschaften der Flamencopalos, ineinander verflochten mit einem zarten Band, das Ende des einen ist der Beginn des nächsten, von einer erfrischenden Alegría mit Meeresbrise in die Tiefen der Soleá, die mit einem Lächeln endet und den Beginn einer Guajira ermöglicht, die eine solche Lebensfreude in sich trägt, dass man sich auf dem Malecón spazieren sieht, eine Bulería, die dem wie immer großartigen Oruco eine kurze Intervention erlaubt, über die Tangos zu einer Petenera, die zu den schönsten Kompositionen gehört, die ich in den letzten Jahren gehört habe.

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Andrés Marín mit seiner Bühnenpräsenz und seiner feinen aber einprägsamen Technik erlaubte einen Ausflug in die Welt des Tanzes, aber auch hier stand in jedem Augenblick die Gitarre im Mittelpunkt und mit ihr dieser wunderbare Gitarrist, Komponist und ‚Creador’ dieses kleinen Meisterwerks – klein im Sinn von leicht, schwebend und in keinem Moment langweilig. Es gab keine Pausen sondern nur kurze Momente der Stille, in denen schon die nächsten Töne erahnbar waren, wohl gesetzt, sensibel aber auch kraftvoll, klar und frei.

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Eine Verbindung von Erde und Luft, Tradition und Moderne, Klassik und Avantgarde, verbunden und eigenwillig.

In den nächsten Tagen können Sie hier eine Kritik der CD von Juan Vergillos lesen mit der Empfehlung diese wunderbare Arbeit zu hören. Sie werden es lieben.

Teatro Flamenco Triana

https://www.teatroflamencotriana.com/

Text und Fotos: Susanne Zellinger