Am 7. Dezember 2017 zeigen in Wien die TeilnehmerInnen der „Choreographiewerkstatt Urbane Rituale… im Raum Flamenco“ gemeinsam mit anderen eingeladenen KünstlerInnen ihre Zugänge zu Urbanen Ritualen. Ich habe Marco de Ana, den künstlerischen Leiter des Projekts, dazu befragt.

Wie ist das Projekt entstanden?

Marco de Ana: Entstanden ist das Ganze, weil ich das Gefühl hatte, dass ein Interesse über den klassischen Choreografieworkshop hinaus besteht. Die Leute wollen eigenes Schrittmaterial transformieren und mit anderen teilen. Sie wollen sich organisieren und die performative Seite des Tanzes auch genießen – über die klassischen Schulabschlussveranstaltungen hinaus.

Ich hab dann einfach versucht ein Konzept zu entwickeln, das dieses Bedürfnis anregt und in eine Richtung lenkt, die über den Horizont des klassischen Flamencos hinausgeht, also Grenzen öffnet.

Ich hab gedacht, dass es auch interessant ist zu erfahren, wie viele Dinge im Laufe einer Produktion bzw. Kreationsphase zu beachten sind. Dabei versuche ich, so hilfreich wie möglich den Prozess zu begleiten ohne zu großen Einfluss auf dessen Gestaltung zu nehmen. Also quasi nur regulierend einzugreifen.

Was ist dir dabei wichtig?

Marco de Ana: Also ich habe den Prozess, die Proben und Besprechungen bis jetzt als sehr unterhaltsam empfunden! Es hat ja auch keinen wirklichen zeitlichen Druck gegeben und wir haben versucht, das ganze so spielerisch wie möglich zu gestalten. Meine eigenen Arbeiten haben wahrscheinlich zum einen den Prozess etwas in die Länge gezogen, dafür sind die Choreografien in unabhängiger und eigenhändiger Arbeit entstanden, das freut mich besonders!

Grundsätzlich will ich hervorheben, dass die TeilnehmerInnen ja keine professionellen Tänzerinnen oder Choreografinnen sind und daher für mich der Spaß an der Sache einmal das wichtigste ist. So zu sagen den Prozess der Kreation als etwas lustiges, angenehmes, bereicherndes und als Abwechslung zu erleben, etwas, das im Alltag eines professionellen Tänzers und Choreografen ja nicht immer der Fall ist. Außerdem wars mir wichtig, den Prozess als ganzes zu erleben, d.h. sich dem Schnitt der Musik, der Verwendung gewisser Objekte, der Raumgestaltung und der Umsetzung generell genau so zu widmen wie dem Erarbeiten der Choreografie. Das gibt dem ganzen einen höheren Bezug zur Wirklichkeit.

Was passiert bei der Präsentation der Urbanen Rituale am 7. Dezember 2017 in Wien?

Marco de Ana: Also zusätzlich zu der Werkschau und Projektpräsentation von Urbane Rituale werde ich versuchen, dem ganzen einen konzeptullen Rahmen zu geben, in dem ich den Veranstaltungsort (Kulturraum Neruda) als Urbane Rauminstalation gestalten werde.

Zu diesem Zweck habe ich befreundete Künstler eingeladen jeweils in ihrem Genre zum Thema „Urbane Rituale“ Stellung zu nehmen.

Stefan Schmitz, Ökonom und Mitglied des Institut Wiener Kreis soll eine einleitende Rede zur Person Otto Neuraths halten, dessen Theorien zur Gestaltung des öffentlichen Raumes und des sozialen Wohnbaus im Zusammenhang mit dem Begriff Gypsy Urbanism einen gedanklichen Rahmen bilden sollen. Stefan Voglsinger ist Soundtechniker, Musiker, Instrumentenbauer und Erfinder und er wird eine Soundinstallation für diesen Abend kreieren. Reinhard Mayr, Fotograf und Filmemacher wird visuelle Impulse und Gedanken zum Thema Urbane Rituale sammeln und uns zur Gestaltung des Raumes zur Verfügung stellen. Nima Arvand, Musiker, Texter und Maschinenbauer, habe ich eingeladen einen Song zur Verfügung zu stellen, der per Handy runtergeladen werden kann.

Außerdem bin ich mit Susanne Zellinger im Gespräch – ich hätte sie gerne als Moderatorin und „sprachliche Vertreterin des urbanen Sprachschatzes“. Und mit Paul Coppens bin ich im Gespräch, ob er den Event grafisch gestalten kann. Vielleicht in Anlehnung an die Arbeit Neuraths.

Wie erlebst du Urbane Rituale?

Marco de Ana: Also ich lebe ja auch immer wieder in Sevilla und da werden Rituale wahrscheinlich noch intensiver gelebt und gepflegt. Da wird fast alles ritualisiert – vom Fussball bis zum Frohnleichnamsumzug. Ich persönlich bin da eher intim mit meinen Ritualen, das heisst ich teile sie wenig mit anderen, aber sie formen den Ablauf meines Alltags und geben mir Orientierung und Stabilität in einem etwas unkontrollierten Umfeld, das man als Künstler pflegt.

Woran arbeitest du derzeit noch?

Marco de Ana: Zur Zeit arbeite ich an mehreren Produktionen gleichzeitig aber um vielleicht eine hervorzuheben an Mar blanco, einer neuen Produktion für den CICUS (Centro de Iniciativas culturales de la Unversidad de Sevilla), die Ende dieses Jahres in Sevilla uraufgeführt werden soll. Und Wien gebe ich Anfang Jänner in der Academia Flamenca einen Workshop. Außerdem bin ich bei einem Festival für elektronische Musik dabei, das Stefan Voglsinger in Wien organisiert – ebenfalls mit einem Workshop zum Thema „Flamenco und Klangmanipulation“.

Die Choreographiewerkstatt sowie die Aufführung werden organisiert von Marco de Ana (Verein Nomada) mit Unterstützung der Peña Flamenca La Granaina.

Foto: Reinhard Mayr