Es gibt ja ein paar Künstler/innen im Flamenco, bei denen es genügt, den Vornamen zu nennen und man weiß, wer gemeint ist. Das ist so bei Mayte, Paco, Rocío, Israel, Belén und auch bei Pastora. Pastora Galván.

Wie ein Sturm fegte sie über die Bühne des Tanzhauses, gebündelte, urwüchsige Kraft mit einem selbstverleugnerischen Mut zur Hässlichkeit. Schürze, Blume auf dem Kopf, Ballerinas, die nach 30 Sekunden in die Ecke geschleudert werden, über die Köpfe der überraschten Sänger hinweg, und, das Schlimmste, braune Kniestrümpfe, die ihre stämmigen Beine umspannen. „Meint die das ernst?“ fragte am Ende ein misstrauischer älterer Herr, ungläubig ob des Gesehenen und da gibt es natürlich nur eine Antwort: Na klar meint die das ernst!

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Pastora ist ein Vollprofi, ihr passiert nicht einfach etwas, sie hat eine Idee und steht dahinter. Und sie muss sich auch von ihrem berühmten Bruder abgrenzen, der immer dünner und feiner wird. Pastora hat ein großes Talent aber auch viel Kraft und Durchsetzungswillen. Sie hat das „Mit mir nicht!“ Gen. Und wenn es nur der Mantón ist, der sich ihrem Willen widersetzt, indem er sich in ihrem Haar verheddert. Weg damit und weiter geht’s. Mitten in der großartigen Soleá, in der es Momente gab, wo man das Gefühl hatte, sie wären auf dem Punkt abzuheben und die Erde zu verlassen. Sie, das sind Pastora und ihr großartiges Ensemble, bestehend aus den Sängern Jesús Corbacho und David El Galli, dem Palmero Antonio Amaya „Petete“ und dem überragenden Ausnahmegitarristen El Perla. Inma La Carbonera, Cantaora traf es auf den Punkt. Als jemand nach dem Konzert über El Perlas „Soniquete“ sprach, sagte sie, „Soniquete no, Soniquetazo“, eine Steigerung, die es eigentlich gar nicht gibt, aber auf El Perla zutrifft. Es ist als ob er die Sänger vor sich hertreiben würde, mit diesem Anschlag und dieser Power. Fast hätte er sie ausgeklipst, denn mehr als einmal sah ich die Köpfe der Zuschauer nach rechts wandern, weil sie dem Begleitgitarristen mehr Aufmerksamkeit schenkten als den anderen. Ein Interview mit El Perla finden sie hier: http://www.flamenco-divino.at/el-perla-im-interview-barcelona/

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Auch das Publikumsgespräch war sehr erbaulich, El Perla war in Form und pfiff auf die Übersetzung, die oft auch nicht unbedingt nötig war, und Pastora kam nach einer halben Stunde frisch geschminkt aus der Kabine und zeigte, dass sie im wirklichen Leben durchaus eitel ist. Auf die Frage, was sie gerne geworden wäre, wenn nicht Tänzerin, antwortete sie mit erfrischender Ehrlichkeit: „Ich? Ich wäre am liebsten Friseuse geworden, aber ich hatte ja keine Wahl.“

Authentizität und Eigenwille, persönliche Freiheit und Frische, Kraft und Mut gepaart mit künstlerischen Höchstleistungen. Was will man mehr.

Flamenco Festival

Tanzhaus nrw, 7.4.2017

„Pastora baila“

Tanz: Pastora Galván

Gesang: Jesús Corbacho, David El Galli

Gitarre: El Perla

Palmas: Antonio Amaya „Petete“

Fotos: Klaus Handner