Der erste Abend ist vorüber, oder besser gesagt, die erste Nacht, denn in Pamplona geht man selten vor dem Morgengrauen zu Bett. Das hängt mit verschiedenen Dingen zusammen, unter anderem auch damit, dass die Nachtvorstellung, die um 23:30 beginnt, in dem Hotel stattfindet, in dem die meisten Künstler und Presseleute wohnen, aber auch viele Aficionad@s. Glück und Gefahr also zugleich, weil sich so interessante Gespräche ergeben und der Spaßfaktor auch ziemlich hoch ist, andererseits läuft man natürlich Gefahr am nächsten Morgen so auszusehen wie ich heute. Gratulation! Die einzige Lösung dafür: Sonnenbrille auf und durch.

Auf den verschiedenen Bühnen wurde ein durchaus schmackhaftes Sandwich geboten: Sara Baras eingepackt zwischen zwei Rancapinos.

Gleich zum Auftakt begann nämlich der Zyklus „Generationen, Mythen und Hoffnungsträger“, ein schöner Titel für eine Hommage und eine Erinnerung daran, wie wichtig die Familien oder Dynastien im Flamenco, vor allem im Cante, waren und sind.

Rancapino

Alonso Núñez Núñez, Rancapino, 1945 in Chiclana geboren, ist der Enkel von „La Obispa“ und der Bruder von „Orillo del Puerto“, Wegbegleiter und Intimfreund von Camarón de La Isla und einer der würdigsten Vertreter des Cante Gitano. Er hat keine große Stimme, sie ist rauchig und heiser, und er hat sie auch an seinen Sohn Alonso Núñez Fernández ,Rancapino Chico, weiter gegeben, genauso wie seine feine Intonation, die hohe Musikalität und die Fähigkeit, eine Verbindung zum Publikum aufzubauen, die sehr respektvoll aber auch intim ist.

Rancapino chico

Beide hatten Antonio Higuero zur Seite, einen der besten Begleitgitarristen aus Jerez und auch zwei hervorragende Palmeros, deren Wichtigkeit wieder einmal deutlich wurde.

In der Mitte der beiden Rancapinos befand sich , auf der großen Bühne des Baluarte, die Kompanie von Sara Baras mit ihrem Stück „Sombras“, das vor zwei Jahren am selben Ort gezeigt worden war, vor ausverkauftem Haus, so wie diesmal.

Angekündigt war eine aufgefrischte Version mit Überraschungen, womit wahrscheinlich die eingeladenen Gaststars gemeint waren: Diego Villegas an der Klarinette und an der Mundharmonika und Israel Fernández am Cante.

Sara Baras 2

Ansonsten ist Sara Baras das, was sie ist: eine sehr gute Tänzerin und Performerin, die schöne Momente auf die Bühne zaubert und sich dennoch einmal in die Hände eines Regisseurs begeben sollte, vor allem um Wiederholungen zu vermeiden und die Kunstpausen, die nur dazu dienen, Applaus zu provozieren, nicht allzu offensichtlich zu machen. Auch eine Lautstärkenkontrolle wäre von Nutzen, selbst wenn das offensichtlich nicht alle stört, dass die Zapateados, die in einem Höllentempo produziert werden so verstärkt werden, dass ich nach der Vorstellung das Gefühl hatte, ich wäre taub.

Aber dennoch: schon dass Sara Baras seit 20 Jahren als eine der wenigen eine Kompanie unterhält ist ein Verdienst und dass sie eine große Fangemeinde auf der ganzen Welt hat, beweist ja wieder eines: „De gustibus non disputandum est“. Ja, ich hatte auch Latein in der Schule und ich hoffe, das Zitat ist korrekt.

Flamenco on Fire 2019

Text: Susanne Zellinger

Fotos: Javier Fergo