Der Triumph der Schönheit

Es gibt Tage oder eher Momente, an denen alles an seinem Platz ist, wo ein gemeinsames Glücksgefühl alle zusammenschweißt, wo die Schönheit des Augenblicks dich glauben macht, alles sei gut. So geschehen am gestrigen Abend in der Sala Compañía beim Festival de Jerez.

Vier Musiker, die Gitarre von José Almarcha, die Perkussion von Lucas Balbo, die Stimme von Pepe de Pura und der Tanz von José Manuel Álvarez.

©Javier Fergo
©Javier Fergo

Mehr war nicht nötig. Mehr wäre zuviel gewesen. Eine Alegría mit dem Rücken zum Publikum als Auftakt und die Farruca als Lehrstück für eine moderne Choreographie mit der Komposition von Almarcha, die präziser und stimmiger nicht sein könnte und dem Cante von Pepe de Pura, reine Poesie, gesungenes Gefühl über Zuneigung und den Verlust derselben. Gleichzeitig das Erkennen der Vergänglichkeit und der Banalität der verlorenen Liebe, denn davon gibt es viele. Das auszudrücken ist unglaublich schwer und wenn es einem gelingt, ist das Pepe de Pura, der dunkle, geheimnisvolle Verkünder der tiefen Gefühle und gestern gelang ihm einfach alles.

FARRUCA

Erschöpft vom Schmerz der Liebe

Setzte sich die Taube auf den Olivenbaum

Sie hob den Schnabel und rief in den Wind

Und es schmerzte sie tief

Denn ihr Ruf reichte nicht einmal

bis zum Zitronenbaum

Man ist fast überrascht, wenn er sich nach dem Konzert unter die Normalsterblichen mischt, sich eine Zigarette anzündet und lächelt. Er ist einer der ganz großen Cantaores der Gegenwart. Unvergleichbar, ein Poet, der Licht und Dunkelheit in seinem Cante vereint, da kommt alles von ganz tief drinnen, aus einem Brunnen, dessen Tiefe man nur erahnen kann.

©Javier Fergo
©Javier Fergo

Den Tanz von José Manuel Álvarez habe ich hier schon beschrieben und auch im kleinen Saal der Compañía ist seine Leichtigkeit zu spüren, sein Swing und seine hohe Musikalität.

Lucas Balbos Perkussion sieht aus wie ein Kinderspiel und ist doch unverzichtbar in diesem Fließen des Compás, das Spiel von José Almarcha begleitet dich auf dem Heimweg durch die Nacht wie eine immerwährende Melodie. Und ja, heute erlaube ich mir romantische Gefühle. Mehr ist nicht nötig. Mehr wäre zuviel.

„Cruces“

José Manuel Álvarez

10.05.2021, Sala Compañía

Festival de Jerez

www.festivaldejerez.es

Text: Susanne Zellinger

Fotos: Javier Fergo