Die Bienal de Sevilla sucht eine neue Leitung, das kommt natürlich nicht überraschend. Was am Beginn nur leises Geraune war wurde schnell zu lautstarkem Protest, vor allem in den sozialen Medien. Die Entscheidung fiel aber letztendlich durch die Rechnungsprüfer, die bestätigten, dass falsche Zahlen veröffentlicht worden waren, Bilanzen gefälscht und der finanzielle Verlust im Bezug auf die Vorjahre beträchtlich war.

Aber auch vom künstlerischen Aspekt her gab es zu viele Enttäuschungen, angefangen von der Eröffnung, die nach der Indisposition von Rafael Riqueni durch ein Spektakel ersetzt wurde, das völlig unpassend war. Viele Veranstaltungen konnten nicht besucht werden, weil die davor zu lange dauerten oder die Spielorte zu weit auseinander lagen, es gibt kein Festivalzentrum, in dem man nach den Vorstellungen Künstler, Kollegen oder Freunde treffen kann um das Gesehene zu kommentieren, da sollte man sich vielleicht bei den Festivals im Ausland umschauen, die wissen nämlich, wie man das macht. Künstler/innen wurden erst Monate nach der Bienal bezahlt, manche Vorstellungen fanden am falschen Ort statt, so wie zum Beispiel „Dju-Dju“, das im Maestranza das konservative Publikum völlig aus der Fassung brachte, außerdem konnte man bei den ausgewählten Künstler/innen einen gewissen Favoritismo feststellen, einige waren bei jeder Bienal dabei, andere, auch aus Sevilla stammende Künstler wurden über Jahre ignoriert.

Als ich die vergangenen Bienales Revue passieren ließ und darüber nachdachte, welche mir am besten in Erinnerung geblieben war, fiel mir eine ein, vor allem durch die hervorragenden Stücke, die ich gesehen hatte. Da waren „Tuétano“ von Andrés Marín, „Deflamencas“ von Marco Flores, „Sorda“ mit der Niña de los Cupones, „Solo“ von Israel Galván, „En mis Cabales“ von José Galán und natürlich „Aleluya erótica“, wo ich mit Oliver Farke heulend in der ersten Reihe saß.

Und da fiel mir gleich noch etwas auf. Die Directora war damals zum ersten und einzigen mal eine Frau: Rosalía Gómez, Journalistin und Tanzexpertin, im Gegensatz zu einigen männlichen Directores fiel sie dadurch auf, dass sie diskret und respektvoll war, umsichtig auch, wodurch sie keine Zeit hatte, ständig den eigenen Bauchnabel zu betrachten. Warum sie nach einer Edition wieder abserviert wurde entzieht sich meiner Kenntnis, aber nicht nur ich bedauerte das zutiefst.

Vielleicht ist es einfach Zeit, dass wieder eine Frau ans Ruder kommt, ich denke, dass sie gerade in Sevilla einiges verändern könnte. Frauen haben Fähigkeiten, die den Männern fehlen, das testosterongeschwängerte männliche Machtdenken bringt nicht immer das beste Resultat und meistens stimmen nicht einmal die Zahlen. Sie müssen sich auch nicht pausenlos auf die Schultern klopfen und mit geschniegelten Krawattenträgern in feine Restaurants essen gehen. Die Festivalfrauen, die ich kenne, sind gebildet, lieben die Kunst, arbeiten viel und verdienen meistens viel zu wenig Geld für das, was sie leisten. „Warum denn eine Frau?“ ist eindeutig die falsche Frage, die richtige müsste lauten: „Warum eigentlich schon wieder ein Mann?“