Ljubljana oder Laibach ist die Hauptstadt Sloweniens, ist wunderhübsch und sehr modern. Die Universitätsstadt ist für ihre weiten Grünflächen bekannt und an den Uferndes Flusses Ljubljanica, der sich durch die Stadt windet und die Altstadt vom modernen Geschäftszentrum trennt, drängen sich Cafés und Restaurants mit Sonnenterrassen und an jeder der kleinen Brücken steht ein Straßenmusiker mit seinem Instrument und spielt slowenische Volksmusik.

In Slowenien gibt es viele Musikfestivals, sowohl für anspruchsvolle Klassikliebhaber als auch für Freunde der Jazzimprovisation und eingefleischte Heavy-Metal-Fans.

Das größte ist das legendäre Jazz Festival Ljubljana, das zu den ältesten seiner Art in Europa zählt.

Seit zwei Jahren hat die slowenische Hauptstadt auch ein Flamencofestival. Bi Flamenko Festival Ljubljana entstand in Zusammenarbeit mit Ernestina van der Noort. Zwei der Direktoren von Cankarjev dom spielen ebenfalls eine wichtige Rolle: Bogdan Benigar, Direktor für Jazz und Weltmusik, und Andrej Jaklič, Direktor des Programms für zeitgenössisches Theater und Tanz. Wie in der ersten Ausgabe stellten sie eine Auswahl junger Künstler vor, die es wagen, an Grenzen zu gehen, und vom ersten Tag an erschienen die slowenischen Fans zahlreich bei den öffentlichen Workshops von Tremendo Hijo und Eduardo Guerrero.

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Die Slovenen sind nicht nur Aficionados, es gibt hier auch viele Künstler, die den Flamenco zu ihrer Ausdrucksform gemacht haben, wie die Tänzerin Urška Centa, die das Festival mit ihrer Kreation ENO-ONE im kleinen Saal des Kulturzentrums cankarjev dom eröffnete. Mit ihrer Partnerin Tina Habun, die aus dem zeitgenössischen Tanz kommt, versuchte sie die Verbindung mit dem Flamenco zu schaffen, was ihr aber nur ansatzweise gelang. Dennoch eine schöne Arbeit mit ästhetisch eindrucksvollen Momenten und guter Musik.

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Im Laufschritt ging es dann weiter in den großen Saal zu Rafael Riqueni und seinen beiden Knappen Manuel de la Luz und Salvador Gutierrez, die ihn wie immer auf Händen trugen und durch teilweise schwierige Gewässer leiteten.

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Am Ende seiner Tour bemerkte man schon ein wenig eine gewisse Müdigkeit, was seine Fragilität aber noch sichtbarer macht und ihn mit einem gewissen Zauber umhüllt. Er präsentierte seine neue CD „Herencia“ con momentos muy bonitos donde te sientes como en un barco en la inmensidad del océano, wo das Wasser plätschert und eine leichte Brise dich umweht. María Moreno bekam ihren Moment in der Farruca, die Mario Maya gewidmet war und sie nützte ihn mit einer durchdachten, poetischen Choreografie, die niemanden kalt ließ.

Die zweite Nacht begann mit einem Stück, das ich schon gesehen hatte, das es aber wert war, es noch einmal zu sehen: In „Sierpe“ von Vanesa Aibar geht es um die Frau an sich, um ihr Sein und ihren Kampf um die Freiheit, die sie sich immer wieder neu erobern muss, damit sie nicht unterliegt.

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Ihr Kettenhemd, das sie am Beginn trägt erinnert mich an

Chanson du geôlier

Où vas-tu beau geôlier

Avec cette clé tachée de sang
Je vais délivrer celle que j’aime
S’il en est encore temps
Et que j’ai enfermée
Tendrement cruellement
Au plus secret de mon désir

Von Jaques Prévert, denn die Ketten bleiben Ketten, auch wenn sie noch so fein sind. Vanesa Aibar ist eine wunderbare Tänzerin, die viele Möglichkeiten hat, wenn sie sich befreit, auch von den vielen Details, die bestimmt ihre Bedeutung haben, die aber auch auf Grund der schlechten Beleuchtung sich dem Zuschauer nicht immer erschließen. Musikalisch besticht vor allem José Torres, der teilweise die Rolle des Erzählers übernimmt und eine sehr schöne Präsenz auf der Bühne zeigt, aber auch Tremendo hijo und Rocío Guzmán bilden in ihren Duos einen Klangteppich über den Vanesa Aibar mit ihrer angeborenen Grazie schreitet.

Am Abend sprengte dann Eduardo Guerrero mit dem Slagwerk Den Haag alle Ketten. Diese Produktion der Flamencobiennale NL mit dem Slagwerk Den Haag wird die Zuschauer auf allen Bühnen der Welt von den Stühlen reißen, obwohl ihr Titel selbst dem Präsentator entfiel: ¡Klick-Pluck-Planta-Tacón-Click-Tap-Clack!“ ist ein kleines Meisterwerk von knapp einer Stunde Dauer, das das Publikum wie in einem Rausch mit sich trägt.

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Was nicht bedeutet, dass es nicht auch Momente der Stille von großer Schönheit gibt, aber die Präzision und die Spiellust der Schlagwerker und das tänzerische Können von Eduardo Guerrero haben eine ungeheure Kraft, der man kaum widerstehen kann. Da ist jede Bewegung an ihrem Platz, dem Ideenreichtum Eduardos keine Grenzen gesetzt und das Tier, das er in sich trägt bricht mit einer Energie heraus, die keine Grenzen zu kennen scheint. Und selbst da sieht man in jedem Moment die Schönheit seiner Bewegungen, den Spaß, den er dabei hat und den Respekt, mit dem er seinen Rhythmikern entgegen bringt. Das Publikum dankt mit 10 Minuten Standing Ovations. Es hat noch nicht genug und das verstehe ich. Ein großartiger Abend.

Am Sonntag war wieder die Gitarre die Protagonistin. Zunächst in „Nairuz“, einem Projekt des bosnischen Gitarristen Mirza Redžepagić, in dem das Erbe der türkischen Sufi-Musik und des Flamenco vermischt wird.

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Ein interessantes Fusions-Abenteuer, das auf der Improvisation von Makam, das aus der klassischen Musik des Nahen Ostens hervorgegangen ist, basiert. Der serbische Sänger Almedin Varosanin hat eine große Stimme, mit der er sich mühelos durch die schwierigen Melismen bewegte, und die junge slowenische Tänzerin Urška Centa beeindruckte mit ihrer Eleganz und ihren schönen Armbewegungen.

Der zweite Teil des Abends gehörte wieder ganz den Aficionados. Leider wurde das Trio David Carmona, Agustín Diassera und Kiki Morente zu einem Duo, da der junge Cantaor aus Granada krankheitsbedingt nach Hause zurückkehren musste. Wie erwartet war das Konzert jedoch ein Vergnügen: Der  Gitarrist aus Granada der Familie „Fernández de Íllora“, Lieblingssohn von Manolo Sanlúcar, ist eine Ausnahmeerscheinung, für deren Beschreibung mir das Vokabular fehlt.

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Natürlich ist seine Spielweise virtuos, aber es gibt noch viel mehr, es ist, als ob er das Innere der Gitarre nach außen dreht, er geht bis ins Mark. David spielte einen Querschnitt seiner neuen CD „Sueños de locura“ mit der wunderbaren Soleá, die er für Arcángel komponierte, und einer schönen Alegría bis hin zu Fandangos de Huelva und einigen tiefen Tientos, begleitet von einem wie immer ausgezeichneten Agustín Diassera.

Patricia Guerrero schloss mit „Distopia“ ein besonderes Festival, dem wir ein langes Leben wünschen.

https://www.cd-cc.si/

Fotos: Ajda Martincic

Titelfoto: Foppe Schut