Seit über 50 Jahren findet in La Puebla de Cazalla dieses einzigartige Festival statt, für viele Aficionados ein Fixpunkt im Jahr, die Gründe dafür sind leicht zu erklären: nur mehr wenige Festivals erfüllen die romantischen Träume des Publikums und die Sehnsucht nach einem gestern, das es so nicht mehr gibt.

Das hat einerseits mit dem Ort zu tun, einem der schönsten Andalusiens, in der eine Stadtregierung vieles richtig macht, mit der Bar „Central“ im Mittelpunkt und dem unverwüstlichen Fernando, der seit ewigen Zeiten hinter der Bar steht und der viele Reuniones und Juergas ermöglicht hat, die in die Geschichte eingegangen sind genau so wie sein Cante por Soleá.

La Puebla hat in der Vergangenheit große Sänger hervorgebracht wie Diego Clavel, Manuel Gerena und vor allem den unvergleichlichen José Menese. Aber auch die jüngere Generation macht von sich reden, vor allem der junge Gitano Pepe El Boleco, der bei der diesjährigen Edition mit Spannung erwartet wurde und dann aber leider aus familiären Gründen nicht auftreten konnte. Aber auch die Cantaores La Yiya und Rubito Hijo und nicht zu vergessen der Fotograf Fidel Meneses, dem wir auch die Fotos zu diesem Bericht verdanken und der mit einer Fotomontage seines Onkels, José Meneses Aufsehen erregte.

Fidel

Der Reunión geht aber eine ganze Woche an Veranstaltungen voraus, die unter freiem Himmel an den verschiedenen Plätzen der Stadt stattfinden, sie sind gratis und in den warmen Sommernächten ein Treffpunkt für alle, die die Kunst mit den sozialen Kontakten verbinden, irgendeine Bar hat immer offen und wenn es passt packt auch noch jemand die Gitarre aus.

In der Woche vor dem großen Abend finden auch die Kurse, organisiert von Antonio Andrade statt, bei denen sich Schüler/innen aller Nationalitäten bei Cante, Baile und Toque unters Volk mischen, dieses Jahr gab es sogar eine Masterclass von La Moneta, und wenn es heiß wird, wird im Schwimmbad weiter geübt.

© fidel meneses

Der Höhepunkt der Woche ist dann die Reunión de Cante jondo in der Hacienda de la Fuenlonguilla, ein wunderbarer Ort, an dem sich über 1000 Aficionados pünktlich um 23:00 einfinden, denn dann werden die Tore der Hacienda geschlossen.

Bis in die frühen Morgenstunden harren dann die meisten aus und warten auf den magischen Moment, der in diesem Jahr trotz der hohen Qualität aber ausblieb. Nur ein junger Sänger riss die Zuschauer von den Sitzen: Manuel de La Tomasa. Der Enkel von José de La Tomasa hat nicht nur eine großartige Stimme, die er zurücknimmt, wenn es nötig ist, ohne an Intensität zu verlieren, er berührt, ruft Emotionen hervor und er hat einen angeborene Eleganz und Noblesse. Begleitet wurde er von Antonio Carrión, der Gitarrist von José Menese, und einer der besten Begleitgitarristen des Panoramas. An seine Alegría werden wir uns noch lange erinnern.

© fidel meneses

Dass sich der Abend bis in die frühen Morgenstunden ausdehnte habe ich schon erwähnt und selbst ich habe die traditionelle Runde Por Tonás nicht mehr erlebt, das ging über meine Kräfte. Als Zukunftsperspektive wäre vielleicht eine Kürzung angesagt, 8 Stunden sind heutzutage einfach zu viel, aber dennoch: wenn Sie Ihren Urlaub mit einer Überdosis Flamenco verbringen wollen, planen Sie für nächstes Jahr eine Woche in La Puebla de Cazalla ein und zwar vom 4. Bis zum 11. Juli 2020.

Fotos: Fidel Meneses

Text: Susanne Zellinger