Die Hitze des Südens begleitete die beiden Vorstellungen der Flamencoschule La Guita im Theater Odeon in der letzten Juniwoche, das Haus der Bernarda Alba war angesagt, eines der düstersten Dramen des andalusischsten aller spanischen Dichter, der sozusagen das ganze Drama der spanischen Geschichte in sich vereinigte: die Vereinigung der größtmöglichen Schönheit in Wort und Bild und die Tatsache des tiefsten Unglücks und des Verlustes.

An diesem wegweisenden Werk haben sich schon viele versucht, Theaterregisseure und Choreograf/innen aller Länder, zu schön ist der Stoff und zu wunderbar die Tragödie – sie steht sozusagen im ständigen Wettstreit mit Shakespeares Romeo und Julia.

2 Bernarda 3

Dennoch gibt es Momente, die das Glück durchschimmern lassen und diese sichtbar zu machen ist eine Kunst, auf jeden Fall eine, die La Guita beherrscht. Da geht es natürlich nicht um Spaß und Lachen, sondern um Bewegungen und Schwingungen, um Bilder und Illusionen, um Träume als Ausweg aus der Realität. In der Choreografie der Caña gelang es ihr sogar die Sinne der gebannten Zuschauer/innen zu täuschen, wie man aus den verwirrten Fragen entnehmen konnte, wann denn die Tänzerinnen die Mantones getauscht hätten, ebenso meisterlich der Fandango in der zweiten Hälfte mit der weißen Bata und den zwei Fächern.

3 Mantón

Wenn man bedenkt, dass der Abend nahezu ohne das gesprochene Wort auskommen musste, so gelangen viele Momente hervorragend, wie die Vorstellung der unglücklichen Töchter des Hauses, die Martinete der verbitterten Mutter, verkörpert von Jelena Reiter, die starrköpfig jede Annäherung ihre Haushälterin Poncia verweigert oder die an den Sevillanas Film von Carlos Saura erinnernde Szene in der die Mädchen ihrem Traum von der Freiheit nachhängen.

4 Bastón

A propos Mädchen – Elias Morales Pérez hatte durchaus Mühe, sich in der weiblichen Übermacht nicht zu verlieren, trotz seiner männlichen Farruca, in der er Antonio Gades hochleben ließ. Und nicht zu vergessen natürlich die Szene der Kinder, denen die Seguiriya ganz wunderbar gelang.

Elias

Ganz am Ende gab La Guita noch einen Beweis ihres Temperaments und ihres Könnens mit einer Soleá, die es in sich hatte und die das Unheil ankündigte, das unabwendbar war.

Die Gitarristen Rubio de Linares und Franklin Henao Valle, die Sängerinnen Jelena Reiter und Mónica Clavijo Barroso und Christine Navacci an der Perkussion boten manch schöne musikalische Momente, was bei einem über zwei Stunden dauernden Programm und der schwierigen Akustik sicher nicht leicht war.

Einzelleistungen der Solistinnen müssen in den Hintergrund treten angesichts der großartigen Darbietungen des gesamten Hauses der La Guita, der wir hiermit herzlich danken und hoffen, dass sie mit ihrer Vorstellung im nächsten Jahr die Zuschauerinnen wieder mit glücklichen Gesichtern in den Sommer geleiten wird.

La Casa de Bernarda Alba

Flamencoschule La Guita

Theater Odeon, 23./24. Juni 2019

Fotos: Roland Berger

Text: Susanne Zellinger