Flamenco Festival Düsseldorf: „Flamenca“ – Belén López oder der Sturm

Begann der Abend im tanzhaus nrw noch mit leicht gekräuseltem Wellenschlag in Form einer Farruca mit Musik aus dem Off und Pol Vaquero und Belén López als lyrischem Paar kam bald ein Sturm auf, der sich so schnell nicht wieder legen sollte und die Zuschauer schon nach fünf Minuten zu enthusiastischen Beifall hinriss.

Was sagt uns das? Die Sehnsucht nach traditionellem Flamenco, bei dem man nicht nachdenken muss und man seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann ist groß und der Vergleich mit einem guten Fußballspiel nicht weit hergeholt.

Vor ausverkauftem Haus übersprang die zügellose Energie der Belén López mühelos die Barriere, die die Pandemie errichtet hatte, sie ließ sich gehen und erlegte sich keine Grenzen auf, in der ersten Minute flog die Blume, in der zweiten die Haarspange, der Mantoncillo verrutschte, die Sänger schwitzten und das Mikrofon krachte. Na und? Die Energie sprang über und eigentlich wollten die ZuschauerInnen schon von Beginn an aufstehen.

In der großartigen Seguiriya mit Kastagnetten zeigte Belén, dass sie mit ihren schwindelerregenden Zapateados in die Fußstapfen von „La Chana“ tritt, bei denen man, auch wenn man die Kamera in Slow Motion laufen ließ, kaum begriff, was sie da eigentlich machte und die in Präzision und Kraft ihresgleichen suchten.

Wenn bisher nicht bekannt war, was „bailar“ al cante“ heißt, so war es an diesem Abend offensichtlich. Dazu brauchte man nicht den Text verstehen, Belén reagiert auf den Gesang wie ein wildes Tier auf jede Bewegung des Dompteurs, brüsk dreht sie sich um, hebt den Arm und los geht’s quer über die Bühne und zurück. Sie braucht den Applaus nicht zu suchen, sie bekommt ihn, mehr als einmal unterbrechen die Ovationen den Lauf des Geschehens.

Der wilde Gesang „El cante salvaje“ von Manuel Tañé aus Jerez und er Cante von Pedro Jiménez „Perrete“ passten perfekt ins Bild der „Bailaora racial“ – ein Wort für die ich noch keine passende Übersetzung gefunden habe, Pol Vaquero, Tänzer aus Córdoba und Schützling von Antonio Canales hatte es da durchaus nicht leicht, sich durchzusetzen. Das war aber, vor allem am zweiten Abend auch der ohrenbetäubenden Lautstärke der Begleitmusiker zu verdanken, aber gut.

Das Theater war voll, die Leute begeistert und hatten rote Wangen. Was will man mehr?

Fotos: Albrecht Korff

Text: Susanne Zellinger